Stückgutversand in den 60er Jahren
Jan Trappel (ehemaliger Eigentümer der Hamburger Spedition) beschreibt hier die Organisation und Abwicklung von Stückgut.
Es werden die Abläufe in der Niederlassung Wiesbaden beschrieben, wo er persönlich alle anfallenden Arbeiten gemeinsam mit den Mitarbeitern erledigte.
Unsere Stückgutsendung wird daher von Rheinhessen nach Schleswig-Holstein verfolgt.
Leider geht es nicht ohne Erklärung der damals geltenden Gesetze und Vorschriften. Dies ist die Basis der damaligen Speditionstätigkeit.
Die Unternehmen die tätig waren:
HAMBURGER SPEDITIONs GESELLSCHFT Müller & Co.,
Niederlassung Wiesbaden als Abfertigungsspediteur und als Nahverkehrsunternehmer.
Zentrale Hamburg als Fernverkehrsunternehmer und als Empfangsspediteur in Hamburg.
Fuhrunternehmen Max Finger, Timmendorfer Strand.
Verteilerverkehre im Nahverkehr von Hamburg in die Lübecker Bucht.
Stückgutversand im Jahr 1964
Die Deutsche Bundespost hatte 1964 noch ein Monopol für Paketversand bis 20 kg.
Erst 1976 lief das Monopol aus und private Paketdienste wurden zugelassen.
Die Deutsche Bundesbahn befördert Stückgut über 20 kg per Waggon.
Hierfür gelten die Vorschriften des Deutschen Eisenbahn Gütertarifs (DEGT).
Der Versender muss die Sendung transportsicher verpacken. Die Sendung muss mit Absender- und Empfangsanschriften versehen sein. Im amtlichen Bahnstückgut-frachtbrief muss neben der Anschrift auch der Bestimmungsbahnhof angegeben sein.
Vor Anlieferung der Sendung am Güterbahnhof, muss der Frachtbrief am Abfertigungsschalter vorgeprüft werden. Das heißt, ein Bahnbeamter prüft alle Angaben im Frachtbrief und errechnet die Frachtkosten. Dann muss die Fracht an der Kasse bezahlt werden. Nur mit, von der Kasse bestätigter, Frachtzahlung kann angeliefert werden.
Erst nach dieser, meist zeitraubenden, Prozedur kann die Sendung vom Versender selbst am Stückgutschuppen angeliefert werden. Es kann mit der Anlieferung auch ein bahnamtlicher Rollfuhrunternehmer beauftragt werden. Dieser erhält für die Zuführung zum Bahnhof ein Entgelt nach dem Einheitsgebührentarif für bahnamtlichen Rollfuhrunternehmer vom Versender.
Bei Anlieferung wird die Verpackung überprüft. Auch ob die Adressierung mit der Angabe im Frachtbrief übereinstimmt und ob die Fracht bezahlt wurde, wird nachgewiesen.
Erst jetzt wird die Sendung vom Bahnhofspersonal angenommen und quittiert. Es kann die Verladung per Waggon zum nächsten Umschlagbahnhof vorgenommen werden. Hier erfolgt eine Weiterverladung zum nächsten Umschlagspunkt. Es kann je nach Empfangsbahnhof mehrmals umgeladen werden und daher der Transport einige Tage in Anspruch nehmen.
Nach dem Eintreffen der Sendung am Bestimmungsbahnhof, wird der Empfänger per Postkarte über die Ankunft informiert.
Die Abholung muss unter Vorlage des Frachtbriefdoppel innerhalb von 3 Tagen erfolgen oder es wird ein Lagergeld berechnet. Gegen eine Zustellgebühr kann die Sendung durch einen bahnamtlichen Rollfuhrunternehmer angeliefert werden. Die Anlieferung erfolgt aus versicherungstechnischen Gründen frei vor das Haus des Empfängers.
Auch per Lastkraftwagen kann Stückgut über 20 kg im Bundesgebiet verladen werden.
Der Güterverkehr per LKW ist seit 1952 durch das Güterkraftverkehrsgesetz (GÜKG) und durch den seit 1959 geltenden Ordnungsrahmen der Kraftverkehrsordnung (KVO) gesetzlich geregelt. In dem darin enthaltenem Reichskraftwagentarif (RKT), findet man die, staatlich festgesetzten, Beförderungstarife.
Der Stückgutversand per LKW wird in der KVO §5 geregelt:
Stückgüter und Teile von Ladungen im Gewicht von mehr als 2,5 t werden vom Unternehmer abgeholt oder zugestellt. Werden Sendungen mit einem Gewicht von weniger als 2,5t abgeholt oder zugestellt, sind für die Abholung oder Zuführung die Rollgebühren des Einheitsgebührentarifes für bahnamtliche Rollfuhrunternehmer zu erheben.
Das GÜKG erfasst alle Arten der Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen:
Güterfernverkehr, Güternahverkehr, Werkverkehr sowie die Frachtgeschäfte der Spediteure.
Um Güternahverkehr in einem Umkreis von 50 km um den Standort des Kraftwagens zu betreiben, muss eine Erlaubnis für das Betreiben des Gewerbes, beim Ortsamt beantragt werden.
Nach Erhalt der Erlaubnis, muss an der rechten und linken Fahrzeugseite ein Schild "Güternahverkehr und Standort des Fahrzeuges" angebracht werden. Die Erlaubnis muss immer im Fahrzeug mitgeführt werden.
Für den Güterfernverkehr über die Nahzone hinaus, muss eine unbschränkte Güterfernverkehrsgenehmigung (rot) beantragt werden. Gleiches gilt für den Möbelfernverkehr (gelb).
Es gilt auch für eine Bezirksgüterfernverkehrsgenehmigung (blau) im Umkreis von 150 km, außerhalb der Nahzone.
Beantragt werden die Fernverkehrs-Genehmigungen bei der Wirtschaftsbehörde.
Die, im Güterfernferkehr, eingesetzten Fahrzeuge müssen deutlich sichtbar, an beiden Fahrzeugseiten, mit einem Schild ausgestattet sein, aus dem "Güterfernverkehr, die Genehmigungsnummer und Standort des Fahrzeuges hervorgeht". Mit einem farbigen Querstrich, entsprechend der Genehmigung, muss es versehen sein.
Diese Genehmigung und ein entsprechendes Fahrtenbuch* ist im Fahrzeug mitzuführen.
Damit diese Vorschriften eingehalten und die Frachten korrekt abgerechnet werden, wurde eine Bundes-Anstalt für Güterfernverkehr (BAG) eingerichtet.
Ihre Aufgabe ist, die Einhaltung der gesetzlich angeordneten Tarife, zu überwachen. Ebenso die Einhaltung der Beförderungsbedingungen und die Abführung der Beförderungssteuer sicher zu stellen und den ungenehmigten Güterfernverkehr zu verhindern.
Gleichzeitig sind die Unternehmer gesetzlich verpflichtet, sämtliche Frachtunterlagen zur Tarifüberwachung monatlich der Bundesanstalt direkt oder einer zugelassenen Frachtenprüfungsstelle vorzulegen. 99% der Unternehmer bedienen sich hierbei der Frachtenprüfungsstellen ihrer Straßenverkehrsgenossenschaft (SVG). Dort erhält der Unternehmer pro Konzession ein *Fahrtenbuch, in das alle RKB-Frachtbriefe eingetragen werden müssen.
Der Spediteur-Sammelgutverkehr
bietet dem Versender den Vorteil, dass die Abholkosten der Sendung in den Kundensätzen (KS) des beauftragten Spediteurs enthalten sind. Für alle Verkehrsträger ist die Zustellung bis 2,5 t zum Empfänger kostenpflichtig und ist im Kundensatz unter §3 durch ein Haus-Haus-Entgelt in der Höhe festgelegt.
Die Frachtkosten werden gemäß der Verkaufsbedingung im Kaufvertrag belastet:
Unfrei (ab werk) = Transportkosten zu Lasten des Käufers (Empfänger)
Frei Empfangsort = Frachtkosten zum E-Ort zahlt der Verkäufer - Zustellkosten zahlt Käufer
Frei Haus = Fracht- und Zustellkosten zahlt der Versender
Die Versandkunden werden von Speditionsberatern regelmäßig besucht. Er stellt die ihnen die gebotenen Verlademöglichkeiten ihres Unternehmens vor und berät bei komplizierten Verkehrsabläufen und über die Versandpreise von Haus zu Haus.
Je größer das Sendungsaufkommen eines Kunden ist, je interessanter ist er - auch für die Wettbewerber.
Sammelgutspediteure bieten ihre Verkehre von und nach allen Orten im Bundesgebiet an.
Nach Auftragserteilung werden die Sendungen bei den Versandkunden mit Nahverkehrs-wagen abgeholt und an das Sammelgutlager geliefert, umgeschlagen und zu LKW-Sammel-ladungen zusammengestellt. Diese Ladungen werden mit eigenen oder gecharterten Fern-lastzügen an Empfangsspediteure in die Metropolen Deutschlands abgefertigt und transportiert. Diese Spediteure verteilen die Güter nach Weisung und auf Kosten des Abfertigungsspediteurs an die Endempfänger.
Wenn der Spediteur einen Güterfernverkehrslastzug abfertigen will, muss er, nach § 34 Güterkraftgesetz, zu einem Abfertigungsspediteur bestellt sein. Diese Bestellung nach dem GÜKG setzt eine bereits ausgeübte Tätigkeit als Spediteur voraus.
Es muss sich um eine, handelsgerichtlich eingetragene, Speditionsfirma handeln, die zuverlässig ist und auf Grund ihrer betrieblichen Einrichtungen in der Lage sein, die Aufgaben eines Abfertigungsdienstes auszuüben.
Ebenso, wie die Bahn aus ihrer Frachteinnahme den Güterbahnhof und Güterabfertigung bezahlen muss, wird auch der LKW-Unternehmer verpflichtet aus seinen Frachteinnahmen die LKW-Abfertigung zu bezahlen.
Dieses Entgelt wird im Straßentransport als "Leistungsvergütung" bezeichnet.
Ein Abfertigungsspediteur benötigt keine eigenen Lastzüge mit roter Konzession, um an seinem "Güterbahnhof" seine Sammelladungen umzuschlagen und abzufertigen.
Die Sammelladungsabteilung hat ihren Stamm von Güterfernverkehrsunternehmen, die regelmäßig eingesetzt werden. Es kommt aber auch vor, dass der Stammunternehmer keinen leeren Laderaum mehr zur Verfügung hat!
Dafür unterhält die Organisation des Fernverkehrs, die Straßenverkehrsgenossenschaft (SVG), eine Laderaumverteilungsstelle. Diese ist für ihre Mitglieder tätig, deren Lastzüge entladen haben und Ladung benötigen.
Hier bieten die Abfertigungsspediteure ihre Transportaufträge an.
In der Reihenfolge der Anmeldung der Leerfahrzeuge, werden die angebotenen Ladungen an die Unternehmer verteilt.
Wer einen Fernlastzug bertreibt, muss die Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten seines Fahrpersonals gemäß den Sozialvorschriften nachweisen. Seit 1954 ist ein Einbau von mechanischen Tachografen in LKWs über 7,5 t Gesamtgewicht gesetzlich vorgeschrieben.
Mit diesem Gerät wird auf einer Tachoscheibe, außer der gefahrenen Geschwindigkeit, auch die Lenk- und Ruhezeiten des Fahrers aufgezeichnet.
Vor dieser Zeit musste ein persönliches Kontrollbuch handschriftlich von den Fahrern geführt werden. Leider nicht immer den Vorschriften entsprechend.
Die Schaublätter sind personenbezogen, d.h. jeder Fahrer muss vor Fahrtbeginn seinen Namen, Vornamen, Ort, Datum und die Zeit, wo das Schaublatt eingelegt wurde, eintragen. Auch Kennzeichen und Kilometerstand des LKWs wird vermerkt und danach zeitgenau in das Kontrollgerät eingelegt.
Während des Dienstes muss der Fahrer manuell mit dem Zeitgruppenwahlschlater folgende Einstellungen vornehmen und anpassen:
Lenkradzeichen: Zeiten in der das Fahrzeug gefahren wird.
Stilisiertes Bett: Pausen und Tagesruhezeiten in der das Fahrzeug steht.
Gekreuzter Hammer: Sonstige Arbeitszeiten, LAdezeiten, Wartezeit.
Der Fahrer muss bei einer Straßenkontrolle alle Schaublätter der laufenden Woche und das letzte Schaublatt der vorangegangenen Woche, in der er gefahren ist, im Origial vorlegen können.
Der Unternehmer erhält erst nach dieser Zeit die Original-Tachoscheiben vom Fahrer zur Kontrolle. Er hat während der wöchentlichen Einsatzzeit fast keine Möglichkeit, bei Fehlverhalten des Fahrers, einzugreifen. Allerdings führt er einen Dispositionsplan, aus dem die Einsatzzeiten der Fernfahrer und der Lastzüge nach ihren telefonischen Meldungen, festgehalten werden.
Bevor eine Stückgutsendung per Lastwagen auf den Weg gebracht wird, sind viele gesetzliche, versicherungstechnische und wie Sicherheitsvorschriften zu beachten.
Bei jeder notwendigen Umladung auf dem Transportweg, wird eine Schnittstellenkontrolle durchgeführt, um die stückzahlmäßige und schadlose Umladung rechtlich und versicherungstechnisch nachzuweisen.
Denn wo gehobelt wird, fallen Späne. Wenn oft umgeladen werden muss, fehlt auch mal etwas und es geht etwas zu Bruch. Wenn ein Schaden eintritt, drückt sich jeder gern vor der Haftung. Doch bei dieser Kontrolle wird der entstandene Schadensfall auf der Ladeliste dokumentiert.
Es gelten für Stückgut die Bedingungen für den Spediteur-Sammelgutverkehr mit Kraftwagen. Diese setzen den Abschluss von Speditionsaufträgen voraus, für die die Allgemeinen Deutschen Spediteur-Bedingungen (ADSp) gelten. Hierin sind alle Versandabläufe geregelt.
Auf versicherungstechnische Details gehen wir, auf Grund seiner Komplexität, nicht ein.
Beschreibung des Transportablaufes einer Sammelgutsendung von Haus zu Haus.
Wir verfolgen eine, von dem Vertreter der Kellerei georderte, Weinlieferung von 16 Karton 240 Fl. Wein 312 kg ab Kellerei, Worms/Rhein bis in den Keller eines Hotels in Timmendorfer Strand.
Stellen Sie sich vor, es gibt keine elektronische Datenverarbeitung. Keine Drucker und keine Datenfernübertragung. Im Versand werden keine Label-Scanner und Fotokopierer eingesetzt weil es sie nicht gibt. Kein Internet und kein Handy steht zu Verfügung.
Sackkarren, Rollwagen, Hubwagen und Rollband werden für den Umschlag eingesetzt. Erste Elektro-Ameisen sind im Einsatz.
Keine Europaletten, die der Spediteur kostenfrei zurVerfügung stellt. Paletten wurden aus Kostengründen wenig eingesetzt. Personalkosten für Büro und Lagerpersonal sind noch bedeutend niedriger.
Der Großindustrie stellt die Bahn sogenannte DB-Paletten für den Umschlag und Transport bereit, die auch im LKW-Versand für Lagerergänzungen genutzt wurden.
Etiketten und Formulare werden mit Schreibmaschine geschrieben. Kopien werden mit eingelegtem Kohlepapier erstellt. Es gibt den Fernsprecher mit Wählscheibe und Leitung. Bei großen Betrieben wird schon mal der Fernschreiber mit Lochstreifen zur Kommunikation im Versand eingesetzt.
Tag 1
Der Auftrag mit solcher Versandvorschrift des Kunden, ist keine 08-15 Leistung eines damaligen Sammelgutspediteurs. Die Sendung soll zu einem bestimmten Liefertag und in einem Zeitfenster zwischen 9:00h bis 13:00h ins Hotel, frei Keller geliefert werden. Normal wird die Sendung frei vor das Haus geliefert. So entstehen, für diese gewünschten Sonderleistungen, Zusatzkosten, die nicht in der Kundensatzfracht enthalten sind.
Die Zuverlässigkeit des auf Norddeutschland spezialisierten Sammelgutspediteurs, ist die Basis für einen guten Service im Sinne der Kundschaft.
Die Verkaufsabteilung der Weinkellerei erstellt für diese Bestellung einen Lieferschein und einen Packzettel über die bestellten Sorten. Der Packzettel gelangt in das Lager.
Das Lager prüft ob alle bestellten Weinsorten vorhanden sind und wie die Verpackung erfolgen soll. Diese Bestellung wird in 16 Karton zu 15 Flaschen Wein verpackt.
Die Kartons werden, per Markierungsstempel, mit der Lieferscheinnummer bedruckt. Jeder Karton erhält zusätzlich eine fortlaufende Unternummer 1-16. Grund hierfür ist im Schadensfall die Nachlieferung der entsprechenden Weinsorten des beschädigten Kartons.
Es kann so Ersatz geliefert werden, ohne dass die ganze Sendung anahmeverweigert und zurück an den Absender geht.
Ist die Ware verpackt, geht der Packzettel in die Versandabteilung und es wird per Schreibmaschine der Speditionsauftrag ausgefüllt. Die Sendung wird nicht gewogen, da die Flaschengewichte bekannt sind und errechnet werden kann.
Dieser Speditionsauftrag enthält die Marke und Nummer lt. Lieferschein mit Angabe der Unternummern, Anzahl der Kartons und das Gewicht der Gesamtsendung. Der Name des Warenempfängers mit voller Anschrift und die Versandvorschrift. In unserem Fall zusätzlich die Terminvorschrift, das Zeitfenster und die Abtrage-Vorschrift "fei Keller".
Alle Lieferkosten ab Kellerei bis frei in den Keller gehen zu Lasten des Absenders.
Die Versandabteilung informiert den Spediteur vorab telefonisch über den Liefer-Termin und dem Sonderwunsch, nach Abtragen in den Keller.
Zu den fest vereinbarten Frachtkosten, (Frei Haus) werden die Kosten für die Sonderleistung mit dem Disponenten vereinbart.
Damit die Sendung am nächsten Tag in Worms abgeholt wird, stellt der Spediteur in Wiesbaden einen Abholauftrag aus. Auf diesem Beleg werden alle besprochenen Daten der Sendung, für die Aholung der Sendung morgen, notiert. Dieser handschriftliche Schein wird in Wiesbaden in das Abholfach des Wormser Abholfahrzeuges für den nächsten Tag gelegt.
Dieser Spediteur hat werktäglich drei feste Sammeltouren in den Weinanbaugebieten Rheinhessen und Rheingau eingerichtet.
Jeder, nicht regelmäßig angefahrene Versender auf den Touren bestellt, mit einer gelben Fahne mit rotem H, den Sammelwagen ohne zu telefonieren. Es muss außerdem niemand bei der Abholung anwesend sein.
Die Sendung wir überwiegend in der Kelterhalle bereitgestellt und der Speditionsauftrag zwischen die Kartons geklemmt. Die Weinkartons werden routinemäßig von den Fahrern per Hand und mit Stapelkarre aufgeladen. Die unterschriebene Übernahmequittung wird in den Briefkasten gesteckt.
Dieser Ablauf basiert auf gewachsenem Vertrauen, denn die doppelt besetzten Sammelzüge, kommen werktäglich mit dem gleichen Personal. Die zwei Mann sind nötig, weil jedes Kollo von Hand aufgeladen werden muss und meist keine Rampen zur Verfügung stehen. Auch die Sicherheit beim Ab- und Anhängen des Anhängers ist gegeben.
Tag 2
Täglich bringen die drei Wagen im Durchschnitt 300 Sendungen, mit einem Gewicht von 30 t, für Norddeutschland an das Umschlaglager in Schierstein.
Nach Ankunft der Abholzüge, wird für die Entladekontrolle und Sortierung nach Empfangsrelationen, die Sendungsdaten der Speditionsaufträge handschriftlich in eine Entladeliste eingetragen.
Ist ein Empfangsort dem Expedienten nicht bekannt, kann er nicht bei Google nachsehen. Dafür kann er in Müllers-Ortsbuch nachblättern über welche Relation die Sendung zu verladen ist.
An Hand einer Bedienungsbereichskarte wurden in diesem Buch, die Orte mit Relationsnummern von 1-6 markiert. Diese Werbekarte, auf der die Zielgebiete farbig abgegrenzt sind, hat jeder Kunde im Büro hängen.
Nach Fertigstellen der Ladeliste, werden die Aufträge in die Relationsfächer einsortiert.
Beim Entladen werden Stückzahl und Markierungen der Sendungen geprüft. (Eingangskontrolle).
Dabei wird vom Lademeister mit blauer Kreide jede einzelne Sendung mit den Relationsnummern versehen und karrenweise aufgestellt. Die Stapel werden mit Hilfe einer Stechkarre vom Lagerpersonal vom Lagerpersonal auf die entsprechende Relationsplätze geschoben.
Eine Stechkarre ist mit einem kurzen, scharfen Aufnahmeblech, Löffel genannt, ausgerüstet. Der Karrenschieber kippt die Karre ein wenig auf den Löffel und sticht, wie mit einem Spaten, unter den, ein wenig nach vorn gedrückten Kartonstapel und nimmt ihn auf.
Die Kartons der angemeldeten Terminsendung sind mit blauer Kreide mit einer 1 (Hamburg) gekennzeichnet und weil ein Termin angemeldet wurde, mit einem zusätzlichem T versehen. So wird die Sendung auf den Hamburg Termin-Platz gestellt.
Als besonderen Service für die Kunden in den Industriegebieten von Wiesbaden und Mainz, werden Sendungen für die Stadt Hamburg und für den Hamburger Hafen zum Export, innerhalb von 24 Stunden geliefert.
Durch den vereinbarten Liefertermin wird die Weinsendung aus Worms heute moch weiterverladen, um in Hamburg den Anschluss nach Timmendorfer Strand zu erreichen.
Alle anderen Stückgutsendungen, die von den Sammelwagen mitgebracht wurden, werden entladen und auf die Relationsplätze gestellt. Eine Weiterverladung erfolgt im Laufe des morgigen Tages auf einen der an der Rampe stehenden leeren Sattelauflieger.
Im Büro werden die Speditionsaufträge in die Relatinsfächer einsortiert. Danach werden die Sendungsgewichte pro Fach addiert und in die Dispositionsliste, zu den Ladungsaufträgen für den nächsten Tag, eingetragen.
Die Niederlassung verlädt die Sammelladungen auf der Linie Wiesbaden - Hamburg - Wiesbaden ausschließlich mit ihren sechs eigenen Sattelzügen mit roter Konzession, Standort Hamburg.
Zur besseren Ausnutzung der sechs Genehmigungen werden insgesamt 18 Wechsel-Auflieger eingesetzt.
Jan Trappel
Klaus Geier
Norbert Schlemmer, Karl Trisbach
Bernd Düwel an der Bordermaschine.
Klaus Geier bei der Ausgangskontrolle der Stückgutsendungen.
Sammelladungen aus Rheinfront-Worms-Bingen-Kreuznach.
Sonnabends Fahrzeugpflege - Abschmierdienst.
Fernfahrer Manfred Roloff in Wiesbaden - wann kann ich los nach Hamburg?
Untergesattelt und startbereit für 521 km.
Zu jeder Fernzugmaschine gehört ein Fahrerteam von 3 Mann. An jedem Standort steht, für die ankommende Zugmaschine, ein vorgeladener Auflieger wieder bereit.
Nach Ankunft mit einem beladenen Auflieger in Wiesbaden, wird der Trailer an der Rampe für die Entladung abgesattelt.
Die Zugmaschine übernimmt dann einen beladenen Auflieger für Hamburg und nach einer Pause in der Filiale Wiesbaden beginnt die Reise zurück.
Auf den anderen Zielstationen Bremen, Bielefeld, Göttingen, Braunschweig und Hannover ist die Spedition auch als Abfertigungsspediteur von Unternehmern tätig und arbeitet mit ausgesuchten Empfangsspediteuren zusammen, bei denen in der Nacht abgeladen werden kann.
Abfertigung unserer Terminsendung
Der Fernverkehrsdiponent hat einen, mit 12 t Wein bereits vorgeladenen Auflieger, für die Auffüllung mit den Terminsendungen vorgesehen.
Die, aus dem Terminfach, entnommenen Aufträge ergeben ein Gewicht von 7 t und müssen aus Erfahrung auch auf den Trailer passen.
Aus den Auftragssätzen werden neben der Verladeliste, die Verfügung für den Empfangs-spediteur und das Speditionsbuch erstellt. Die 2-fachen Auslieferscheine und das 2-fache Rechnungsformular sind auch noch in dem Satz enthalten.
Aus je 13 Aufträgen wird auf einer Bordiermaschine jeweils Ladeliste, Verfügung und Speditionsbuch erstellt.
Die Einzelblätter werden in 13 Einlegerasten der Maschine so eingelegt, das pro Raste nur die Zeile mit Markierung, Stückzahl, Inhalt, Geweicht und Empfangsort sichtbar ist. Die anderen Angaben werden von der nächsten Position überlappt. Die A3- große Speditionsbuchseite wird mit Tesafilm und dem Tesaborder, mit den 13 einzelteilen an der Seite zusammengeklebt und umgebördelt. Nach drei Durchläufen sind die o. g. Formulare fertig.
Mit den Ladelisten erhält der Lagermeister den Auftrag den Auflieger zu beladen.
Alle Sendungen der Ladelisten werden wieder kontrolliert und gezählt (Ausgangskontrolle) auf den Auflieger geschoben und gestaut. Wenn alles ordnungsgemäße verladen ist, wird die abgehakte Ladeliste in das Büro gegeben. Hier wird geprüft ob alle Sendungen mit einem Verladehaken versehen sind.
Die Auslieferscheine und die Verfügungen werden in einen großen Briefumschlag für die Eingangsabteilung in Hamburg gesteckt.
Mit den gesetzlich vorgeschriebenen Daten, wie Fahrzeugnummern, Frachtführer, Fahrer, Gesamtgewicht des Zuges und Konzession wird ein KVO-Frachtbrief erstellt. Der Fahrer erhält die Unterlagen und trägt für die Fahrt von Wiesbaden nach Hamburg die Daten aus dem KVO in das Fahrtenbuch ein.
Da sich die Fahrer auf halber Strecke abgelöst haben und dort auch die persönliche Tachoscheibe gewechselten hatten, prüft er die ordnungsgemäße Funktion des Gerätes vor Abfahrt.
Mit dem Anlassen des Motors in Wiesbaden springt der Tachograf automatisch um und schreibt die Lenkzeit des Fahrers auf (Lenkradzeichen).
Nach einer Fahrzeit von 4 Stunden wird der Rasthof Göttingen vom Fahrer erreicht. Dort weckt er seinen Kollegen in der Schlafkabine. Gemeinsam gehen sie in den Rasthof. der Fahrer aus der Kabine geht erst mal zum Duschen und sein Kollege wartet solange im Lokal, um gemeinsam Pause zu machen.
Rasthof Göttingen
Nach der Pause von einer Stunde, legt der erfrischte Fahrer seine Tachoscheibe wieder ein und nimmt die seines Kollegen heraus. Der vermerkt handschriftlich den Beginn seiner Arbeitsbereitschaft auf der Rückseite der Scheibe und fährt bis Hamburg als Beifahrer mit.
Arbeitsbereitschaft ist keine Ruhezeit aber auch keine Arbeit. Dieser Begriff führt immer wieder zu Verständnisschwierigkeiten zwischen Fahrern und Kontrollbeamten der BAG und der Autobahnpolizei.
Die vorgeschriebene Tages-Ruhezeit beträgt mindestens 8 Stunden und soll nach dem Gesetz unterwegs im stehenden Fahrzeug verbracht werden. Also kann diese Kabinenzeit im fahrenden Fahrzeug weder als Ruhezeit noch als Pause gelten. Wenn der Fahrer sechs Tage unterwegs ist, sind ihm eine zusammenhängende Wochenruhezeit von 45 Stunden vorgeschrieben. Nur wenn sich das Fahrzeug am Heimatort des Fahrers oder Standort des Fahrzeuges befindet, kann diese Zeit auf 36 Stunden verkürzt werden.
Nach Ankunft auf dem Betriebshof in Hamburg werden die Frachtpapiere in die Expedition gelegt und der Sattelauflieger zur Entladung an die Rampe gestellt.
Der, ab Göttingen gefahrene Fahrer, weckt seinen Beifahrer, der jetzt Feierabend hat und macht selbst nun Pause in den Sozialräumen des Betriebes. Dort trifft er auf seinen neuen Kollegen, der jetzt als Beifahrer bis Göttingen mitfährt. Im Pausenraum hält das Dreierteam einen kurzen Schnack.
Die neue Mannschaft sattelt den für Hessen bestimmten Auflieger auf und betankt die Zugmaschine. Dabei wird Licht, Blinker und Bremsen geprüft. Mit gezogener Handbremse wird kurz angeruckt um die Verbindung zwischen Sattelzugmaschine und Auflieger zu testen.
Der neue Mann fährt in Arbeitsbereitschaft bis Göttingen mit. Dort übernimmt er das Lenkrad und sein Kollege geht für die Fahrzeit bis Wiesbaden und zurück, in die Koje.
Dieser Ablauf stellt die Einhaltung der Lenk- u. Schichtzeit gemäß der Sozialverordnung im Rundlauf sicher.
Tag 3
Mit Arbeitsbeginn werden in der Expedition die Papiere dieses Zuges aus dem Umschlag entnommen und ausgezeichnet.
Das heißt, die Speditionsaufträge werden mit den Verfügungen verglichen und jeder Auftrag und jede Position mit den Verteilerrelation versehen. Relation 1 bis 20 für Anschlussverkehre und A, B, C für die Auslieferung in Hamburg.
Dann beginnt die Entladung des Aufliegers.
An Hand der Verfügung wird jede Position auf Vollzähligkeit beim Abladen geprüft und abgehakt und mit der Relationszahl versehen auf die Verteilerplätze gestellt (Eingangskontrolle).
In der Expedition wird für alle Transit-Sendungen nach Schleswig-Holstein und nördliches Niedersachsen, Nachlauf-Verfügungen, vierfach mit Kohlepapier, für die Nachlaufunternehmer handschriftlich erstellt. Die Loko-Sendungen, bestimmt für Hamburg und den Hafen, werden auf Rollkarte ausgeliefert.
So erscheint unsere Terminsendung auf Relation 12 (Lübecker Bucht) nach Timmendorfer Strand auf dem Formular. Die Lieferzeit und das angemeldete Abtragen in den Weinkeller wird hierauf vermerkt. Eine Kopie der Verfügung wird später für die Abrechnung genutzt.
Die Frachtkosten von Hamburg nach Timmendorf-Strand, das Zustellrollgeld und das Verbringen in den Keller werden hier vermerkt und als Anlage zur Rechnung genutzt.
Der Unternehmer 12 sammelt seine Verteilaufträge auch bei anderen Eingangsspediteuren in Hamburg-Billbrook ein, um sie am nächsten Tag ohne Umladung auszuliefern.
Bei Übergabe der Sendungen am Umschlaglager wird erneut eine Verladekontrolle (Ausgangskontrolle) durchgeführt.
Der Unternehmer quittiert die ordnungsgemäße Übernahme der Sendungen und staut sie auf seinem Wagen so, dass er direkt an die Empfänger ausliefern kann.
Tag 4
Am nächsten Morgen nimmt der Unternehmer einen zusätzlichen Hilfsmann mit, um die Ware bereits um 9:00 h in den Weinkeller des Hotels zu liefern. Der Chefkoch nimmt die Ware zufrieden entgegen und quittiert die ordnungsgemäße Lieferung.
An dieser Stelle endet der Bericht mit einem zufriedenen Empfänger.
Der Dank für eine gute Leistung ist der nächste Auftrag, Von diesem Dank bekommen alle Mitarbeiter auf dem gesamten Transportweg etwas für ihre Leistung ab.
Nachwort
Damals war es möglich, einen Lehrplatz für den Junior bei einem Mitbewerber zu erhalten. Denn nur dort erhält er Einsicht in alle Felder einer Sammelgutspedition.
Der Verfasser lernte von 1960 bis 1963 bei der Spedition Loosmann & Co, Hamburg.
Einem inhabergeführten, mittständischem Betrieb, der wegen seiner weit gefächerten Abteilungen eine sehr gute Ausbildung bot.
In der Importabteilung lernte er das Ausstellen aller möglichen Zollpapiere für Rohkaffee und Teppiche kennen. Durfte die Zollabfertigung auf dem Gewebesaal im Zollamt Kornhausbrücke mit den selbst ausgestellten Papieren vornehmen. Solche Erfahrung vergisst man nie!.. Auch den Rohkaffee fertigte er nicht nur papiermäßig ab, sondern unterstützte den Nahverkehrs-fahrer beim Laden in der Speicherstadt aus der Hieve. Er fuhr übrigens ein gasgetriebenen Ford BB.
In der Nahverkehrsabteilung lernte er nicht nur die Disposition von Verteilerfahrzeugen, sondern auch die Stadt kennen.
Im Sammelgutausgang nach Westdeutschland lernte er die Abfertigung der Lastzüge und sorgte am Lager für schnelle Abfertigung. Es war schon interessant Fernlastzüge unter Beachtung aller Vorschriften abzufertigen.
Der Unternehmersohn weiß: Ein Auto, das mit Fahrer rumsteht, ist noch teurer.
Nach der Lehrzeit arbeitete er ein Jahr in der Niederlassung der Spedition Gebr. Mönckemöller. Im Sammelguteingang war er als Expedient und als Lagerverwalter für ein Waschmaschinenlager, tätig.
Die hier gesammelten Erfahrungen konnte er nach einem Jahr in dem väterlichen Betrieb nutzen.
Der nächste Arbeitsplatz war für ein Jahr die Niederlassung Wiesbaden. Dort lernte er den eigenen Betrieb unter straffer Führung seines Onkels kennen.
Danach wurde er 1965 in der Zentrale zum Libero. Wenn irgendwo im Betrieb etwas klemmte, konnte er einspringen. Er kümmerte sich überwiegend um die Weinsammelverkehre aus Hessen und Rheinland-Pfalz nach Norddeutschland. Er war Prokurist, Geschäftsführer und Komplemetär.
2015 ging er nach 50 Jahren HAMBURGER SPEDITION in den Ruhestand. Heute werden die Betriebe in Wiesbaden und Hamburg von den Söhnen weitergeführt.
Wir danken Herrn Jan Trappel für diesen Ausflug in das Jahr 1964, mit Beschreibung des gesetzlichen Rahmen und unternehmensspezifischen Abläufen, die heute längs Geschichte sind.
Bilder:
Jan Trappel - Hamburger Spedition
Text:
Jan Trappel - Hamburger Spedition